Ja ihr Menschen, wieso tut ihr das? Ich sehe so häufig andere Hunde, die von ihren Menschen an der Leine hinter sich her, zurück nach hinten oder rechts und links gezogen werden. Dabei frage ich mich immer, warum? Warum lasst ihr uns nicht laufen, wo wir wollen und schnüffeln, wo wir mögen?
Meine Mama sagt, dass es dafür verschiedene Gründe geben kann. Einigen Menschen fehlt noch das Bewusstsein dafür, dass uns schnüffeln enorm wichtig ist und wir so unsere Umwelt wahrnehmen.
Dann sind viele von euch oftmals hektisch unterwegs, ihr Menschen seid sowieso oft im Stress. Da muss eilig vor dem nächsten Termin noch Gassi gegangen werden, wir sollen schnell unser Geschäft erledigen und danach geht`s im Laufschritt wieder zurück nach Hause. Wir wollen doch aber bitte noch kurz an dem Baumstamm riechen und hier im Laub raschelt es so spannend. Ihr lasst uns aber nicht. Wir haben also gar keine Möglichkeiten, zu riechen und zu gucken, obwohl die Welt da draußen doch so spannend ist und wir ansonsten wieder drinnen im Körbchen liegen. Weiterhin denken viele Menschen gar nicht darüber nach, dass eine längere Leine uns schon viel helfen kann, da wir dadurch mehr Bewegungsfreiheit haben. Oft führt ihr uns an zu kurzen Leinen, da gehen wir ein paar Schritte und sofort ist Spannung auf der Leine. Ihr seid dann böse auf uns, zuckt und ruckelt, damit wir langsamer laufen. Das mögen wir nicht und das fühlt sich nicht gut an, glaubt mir. Probiert doch mal aus, ob eine längere Leine eurem Hund gut tut. Ich sage euch, eine längere Leine kann sehr viel ausmachen.
Wisst ihr was das mit uns macht, wenn ihr dauernd an der Leine zieht?
Das macht uns keinen Spaß, verunsichert uns und frustriert. Macht keinen Spaß, weil`s einfach nicht spaßig ist, durch die Gegend gezogen zu werden. Frustriert, weil wir nicht das machen können, was uns wichtig ist. Und Achtung, durch Frust können wir dann anfangen an der Leine zu ziehen, weil wir eben gerne das machen wollen, was uns wichtig ist. Verunsichert, weil wir nicht verstehen, warum wir gezogen werden. Wenn wir etwas anders machen sollen, dann müsst ihr uns das verständlich machen. Wenn ihr euren Hund (weg-)zieht, weil er etwas nicht machen soll, dann weiß er doch nicht, was er sonst tun soll. Das müsst ihr uns zeigen, uns beibringen und mit uns üben. Wir tun eben das, was für uns eine Bedeutung hat und wir tun das, damit es uns gut geht. Wichtig ist auch, dass ihr wisst, warum wir das tun, damit ihr uns versteht.
Ihr zieht auch oft, weil wir ziehen. Und hier geht es nun um das Verständnis, warum wir das tun. Wir sind ja abhängig von euch und eurem Alltag, das heißt, wir kommen dann raus, wenn ihr das entscheidet. Ihr gebt vor, wie lange wir spazieren gehen und wo, mit wem und wann. Für uns gibt es dann nur diese Zeit draußen und draußen sein ist für uns spannend. Es gibt so viel zu erkunden und zu entdecken. Ganz besonders wichtig ist uns schnüffeln. Denn hey, so nehmen wir unsere Umwelt wahr. Wir erfahren dadurch, welche Hündin in der Nachbarschaft läufig ist (grrr...), welche Hunde hier vorbeigekommen sind, wie es ihnen geht und was hier alles so passiert ist seit unserem letzten Gang. Da kann es also schon sein, dass wir zu diesen tollen Schnüffelstellen laufen wollen und dann "ziehen" wir dorthin, wenn wir nicht genügend Leine haben. Ihr zieht zurück oder ruckelt sogar, wir ziehen mehr, Zug erzeugt Gegenzug, und ihr ruckelt nochmal heftiger. Schön ist das nicht.
Ich bin der Meinung, dass es hier viele Missverständnisse gibt und ihr euch oft gar keine Gedanken macht, warum wir eigentlich ziehen. Ihr seid nur genervt davon, dass wir es tun.
Ich versuche euch zu helfen, uns besser zu verstehen und offenbare euch nun mal, warum ich an der Leine ziehe:
Ich ziehe zum Beispiel an der Leine, weil mein Mensch hinter mir für mich zu langsam ist. Ich möchte oft schneller voran kommen, als die Leine lang ist. Ich laufe gerne und habe einen groooooßen Bewegungsdrang.
Weiterhin ziehe ich oft an neuen Orten an der Leine, hier bin ich aufgeregt, kann dann nicht langsam gehen, sondern muss vorne laufen und schauen, was es hier alles zu sehen gibt. Ich ziehe auch an der Leine, wenn ich unsicher bin und Angst habe, dann möchte ich schnell aus der Situation raus und weggehen. Wenn ich arg aufgeregt bin, kann ich meist auch nicht locker an der Leine laufen.
Ich ziehe manchmal an der Leine, wenn wir anderen Hunden begegnen. Oft mag ich einfach einen großen Bogen um fremde Hunde machen, ich brauch nicht jedem Hallo sagen. Wenn aber mein Mensch nicht den Abstand zur Begegnung nimmt, die ich für mich wählen würde, dann ziehe ich, weil ich weiter weg möchte (hier wird`s dann ganz blöd, wenn der Mensch das nicht sieht und den Hund immer nahe an der Begegnung vorbeiführt, da bleibt dem Hund doch fast gar nichts anderes übrig, als zu ziehen oder auch zu bellen, weil er das nicht mag).
Und natürlich ziehe ich auch, wie viele meiner Artgenossen, wenn ich Wild oder eine tolle Duftspur wittere. Dann möchte ich gerne stöbern und schauen und schnüffeln und rennen.
Ich kann euch auch ein paar Beispiele von meinen Hundefreunden geben:
Mein Kumpel Buddy zum Beispiel zieht gerne an der Leine, weil er ein Mauseloch riecht und da buddeln möchte.
Auch zieht er, wenn er andere Hunde sieht, weil er so gerne zu ihnen laufen und Hallo sagen mag.
Meine kleine Kumpeline Mila zieht vor allem dann, wenn es kalt ist, so wie die letzten Tage morgens, da sie friert und sie sich durch das schnellere Laufen aufwärmen möchte. Und Mila mag auch gerne schnell rennen, wenn sie Wild riecht.
Und meine Freundin Kira zieht, weil sie immer gerne vorne sein möchte, sie hat auch ein extra Zuggeschirr, damit soll sie dann auch ziehen.
Wichtig für euch zu wissen ist:
All das hat nichts damit zu tun, dass wir unartig oder nicht erzogen sind, so wie es viele von euch sagen. Es liegt an unseren Bedürfnissen, die wir haben und ich glaube, dass viele Menschen sich über die Bedürfnisse ihrer Hunde noch viel zu wenig Gedanken machen. Dabei ist es doch so wichtig, dass ihr uns gut versteht. Leider können wir es euch nicht über verbale Sprache erzählen. Doch wir können es euch zeigen, wenn ihr dafür offen seid, euch mit uns zu beschäftigen, uns zu beobachten, uns mal Freiheiten zu lassen. Denn wenn ihr wisst, was uns wichtig ist, dann könnt ihr besser darauf eingehen, versteht uns besser, seid nicht mehr so oft böse oder genervt. Und ist es nicht das, was für unser Zusammenleben wichtig ist? Ein harmonisches Zusammensein!
Je besser unsere Bedürfnisse erfüllt sind, desto ausgeglichener sind wir und umso besser geht es uns. Viele "Probleme§ die ihr Menschen mit uns Hunden habt basieren nämlich darauf, dass ihr uns nicht versteht und uns verwehrt das zu tun, was wir gerne möchten. Also schaut und beobachtet doch mal, was euer Hund gerne tut. Und bitte nicht falsch verstehen, es geht hierbei nicht darum, dass wir nun wahllos Rehe jagen, Radfahrern hinter her hetzen und alleine die Nachbargrundstücke durchstreifen dürfen. Es gibt Dinge, für die gelten Regeln, da geht eben manches einfach nicht. Diese Regeln gebt ihr für uns vor. Damit wir diese verstehen, müsst ihr sie uns aber verständlich machen, wir müssen sie gemeinsam trainieren, wieder und wieder wiederholen und am besten an verschiedenen Orten üben, damit wir es auch wirklich verinnerlichen und dann auch zeigen können, wenn wir sollen.
Ihr fragt euch, welche Bedürfnisse das sein können? Ich gebe euch Beispiele für meine Bedürfnisse:
- mir ist es wichtig, regelmäßig zu rennen, zu flitzen und hin und her zu springen
- mir ist es wichtig zu schnüffeln, um Infos über die Umgebung zu bekommen
- mir ist es wichtig, mit meinem Menschen coole Sachen zu machen, dann geht es mir sehr gut
- mir ist es wichtig, im Wasser zu plantschen
- mir ist es wichtig, nach einer Hundebegegnung der Spur des anderen Hundes hinter her zu schnüffeln
- mir ist es wichtig, ausreichend Abstand zu fremden Menschen und Hunden zu haben, ich mag erstmal schauen, ob ich sie mag
- und noch vieles mehr
Meinem Kumpel Buddy ist zum Beispiel buddeln sehr wichtig, das mag er total gerne und das braucht er auch, damit es ihm gut geht. Und auch ihm ist es ein riesiges Bedürfnis, den Weg anderer Hunde bei Begegnungen abzuschnüffeln.
Meine Kumpeline Mila mag sehr gerne schauen und beobachten, das ist ihr sooo wichtig und das kann schon mal eine Zeit lang dauern.
Wenn ihr uns im Alltag beobachtet, dann könnt ihr sehen, was wir gerne machen und was unsere Bedürfnisse sind. Ihr könnt euch dazu auch gerne mal eine Liste schreiben. Das hat meine Mama mal gemacht, damit sie eine Übersicht darüber hat, was ich gerne mag. Oftmals hilft es euch Menschen, wenn ihr etwas schwarz auf weiß vor Augen habt.
Ich möchte euch auch nochmal darauf aufmerksam machen, wie ihr gut mit uns spazieren gehen könnt. Oft sehe ich, dass Hunde stehen bleiben, etwas beobachten, z.B. einen Vogel oder etwas in der Entfernung, ihr nehmt das aber nicht wahr und lauft einfach weiter. Also zieht ihr euren Hund mit euch. Wieso bleibt ihr nicht auch kurz stehen und wartet, bis wir fertig geschaut haben und weitergehen können? Ebenso lauft ihr oft weiter, wenn wir an einer spannenden Schnüffelstelle zu Gange sind. Keine Ahnung warum ihr nicht wollt, dass wir schnüffeln, ihr zieht uns einfach mit. Wieso bleibt ihr nicht stehen und wartet, bis wir alle Gerüche aufgenommen haben und weitergehen können? Ist es Zeitdruck? Dann plant doch bitte beim nächsten Spaziergang 10 Minuten mehr ein. Oder muss diese Hektik vielleicht gar nicht sein? Euch Menschen liegt es ja, immer alles schnell zu machen.
Auch müssen wir nicht immer eine Runde drehen. Es spricht nichts dagegen, eine Strecke hin und auch wieder zurückzulaufen. Dabei werdet ihr sogar merken, dass wir auf dem Rückweg oftmals entspannter sind, da wir viele Gerüche und Reize auf dem Hinweg bereits wahrgenommen haben. Auch dies zeigt euch, dass für uns die Umwelt spannend ist.
Wisst ihr was wir toll finden? Ein Mensch an unserer Seite, der draußen auf uns achtet und mit uns gemeinsam unterwegs ist. Und mit gemeinsam meine ich, dass ihr ernst nehmt, was wir gerade tun, dass ihr Zeit habt, damit wir das tun können und dass ihr einfach wisst, dass es uns wichtig ist, das zu tun. Bei uns sieht das so aus: wenn ich schnüffle, bleibt meine Mama stehen und sie geht weiter, wenn ich weitergehe. Wenn ich was beobachte und stehen bleibe, dann bleibt sie auch stehen und redet mit mir. Wenn ich in einen Busch reinschaue, dann bleibt sie stehen und schaut mit mir. Das finde ich toll, denn so kann ich mit meiner Mama spannendes sehen. Klar darf und soll ich nicht jagen gehen, da hat mir meine Mama aber viele tolle Dinge beigebracht, die ich stattdessen tun kann und sie weiß, was ich toll finde, damit sich mich von dem spannenden Busch auch wieder umorientieren kann.
Für Spaziergänge an der Leine haben wir übrigens ein paar coole Signale aufgebaut, die wir nutzen, damit meine Mama eben nicht an der Leine ziehen muss. Vielleicht ist hier auch für euch was hilfreiches dabei:
- Signal für die Richtungen links und rechts (damit ich nicht gezogen werden muss, sondern locker dorthin laufen kann)
- Signal für langsamer gehen (damit nicht geruckelt werden muss, um zu erreichen, dass ich langsamer laufe)
- Signal für Stehenbleiben und Anhalten (ja, auch das geht ohne Leinenruck)
- Signal fürs Weitergehen, wenn ich mich dann doch mal zu lange mit einem Grashalm beschäftige
- Signal als Info an mich, dass die Leine gleich spannt, weil ich sie voll ausnutze
- Signal fürs neben meiner Mama an der Seite laufen
- und da gibt`s noch einige andere (so gut wie alle Signale nutzen wir übrigens auch im Freilauf)
Ihr seht also, Leine ziehen muss nicht sein! Es geht nämlich auch anders 😊
Ich hoffe, ich konnte euch ein bisschen näher bringen, was an der Leine laufen für uns bedeutet, was uns Hunden wichtig ist, wie gemeinsames Spazieren gehen toll sein kann und dass ihr euch mal Gedanken darüber macht, ob es für euch und eure Hunde vielleicht noch Aufholbedarf in Sachen "Leine" gibt.
Wenn ihr Unterstützung braucht, euren Hund besser verstehen und/oder euer Leinenhandling verbessern möchtet, dann sucht euch eine POSITIV arbeitende Hundeschule. Hier werdet ihr beraten und bekommt Trainingstipps, falls nötig.
Ich möchte, dass alle Hunde und Menschen toll miteinander leben können und natürlich, dass meine Artgenossen und ich von euch verstanden werden.
Und jetzt zieht euch und eure Hunde an und verbringt draußen gemeinsam eine tolle Zeit, mit Bewusstsein und Verständnis für euren Hund.
Denn:
Euer Lucky
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Buddy (Dienstag, 17 Oktober 2023 18:16)
Mein liebster Lucky, das hast du einfach wunderbar gesagt, da sprichst du mir doch glatt aus der Seele:) ich hoffe viele viele Menschen wird dein Artikel erreichen, damit es für alle in Zukunft entspanntere Gassirunden gibt!